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Samstag, 24. Januar 2015

Meine ersten Lämmer

Wenn ich in den letzten Jahren eins gelernt habe - Schwergeburten finden vorzugsweise in den frühen Morgenstunden statt...
Leider wusste ich das am 30 März 2007 noch nicht und so war ich voll freudiger Erwartung, als Willow am späten Nachmittag erste Anzeichen von Wehen zeigte. Immer wieder schlich ich leise in den Stall um nachzusehen, ob sich endlich etwas tat. Doch vergeblich. Entweder lag Willow schwer atmend in der Gegend herum oder sie grub das Stroh in der Box um. Inzwischen weiß ich, dass dieses übermässige Graben meiste ein deutliches Anzeichen dafür ist, dass etwas nicht stimmt. Damals hatte ich aber leider keine Ahnung. Mein Wissen über Lammung beruhte lediglich auf angelesener Theorie.
Es war schon fast zwei Uhr morgens, als endlich die Fruchtblase erschien! Natürlich dachte ich, dass nun bald alles überstanden sei, doch das war ein großer Irrtum. Es passierte nämlich überhaupt nichts mehr. Schaf fraß fröhlich sein Heu und machte keine Anstalten mehr, irgendein Lamm auf die Welt zu bringen.
Da ich gelesen hatte, dass zwischen dem Austritt der Fruchtblase und der eigentlichen Geburt maximal eine Stunde liegen sollte, beschloss ich, den Tierarzt anzurufen. Ich tat es mit klopfendem Herzen, denn ich hatte den Mann noch nie gesehen. Johann-Heinrich hatte ihn empfohlen und mir die Nummer gegeben. Und wer ruft schon gerne in aller Herrgottsfrühe bei einem wildfremden Menschen an - auch wenn der Tierarzt ist.
Zu meiner Überraschung meldete er sich aber schon nach dem zweiten Klingeln und war auch sofort hellwach - beneidenswert... Er versprach, so schnell wie möglich zu kommen. Trotzdem gehören diese zwanzig Minuten zu den längsten meines Lebens. Offenbar hatte Willow nun doch Schmerzen und sie routierte wieder durch die Box, warf sich hin, stand wieder auf. Ich war einer Panik nahe und hätte beinahe vor Erleichterung geheult, als endlich der Wagen des Tierarztes in unsere Einfahrt einbog.
Ein paar Minuten später hatte er das erste Lamm geholt. Es war leider tot und vermutlich auch der Grund für die Geburtsprobleme. Doch zum Glück "flutschte" gleich noch ein weiteres hinterher. Ein Mädchen und es lebte! Ich war überglücklich und Willow ebenfalls.
Wir bauten Willow und ihrer Tochter noch schnell ein eigenes "Appartement", denn Cloud war überaus interessiert an dem Lämmchen, was Willow überhaupt nicht witzig fand. Sie mutierte zur Furie! Darum hielten wir es für besser, die Schafe zu trennen. Nachdem der Nabel der Kleinen desinfiziert war und wir uns versichert hatten, dass sie getrunken hatte, konnten wir endlich ins Bett. Draußen wurde es schon hell. Wir tauften die Kleine "Dawn".
Trotz dieser Erfahrung sah ich Clouds Lammung relativ gelassen entgegen. Es müsste ja schon mit dem Teufel zugehen, wenn ich bei nur zwei Schafen zwei Schwergeburten haben würde.
Was soll ich sagen? Es ging mit dem Teufel zu...
Vier Tage später machte ich gegen dreiunzwanzig Uhr noch den letzten Kontrollgang. Da sah ich, wie Cloud die Box umgrub. In diesem Moment schwante mir schon Böses.
Wieder gegen zwei Uhr morgens trat die Fruchtblase aus. Zuerst schien dann auch alles normal zu laufen, denn ich konnte kleine Klauen sehen. Aber dann ging es nicht weiter. Mir schien es, als sei das Lamm irgendwie zu groß. Da ich furchtbare Angst hatte, dass das Lamm nicht überleben würde, beschloss ich, nochmal den Schlaf unserers Tierarztes zu stören.
Leider schlief der gar nicht, sondern war bei einem anderen Patienten und es bestand keine Chance, dass er kurzfristig kommen konnte. Ich geriet in Panik. Doch Jan beruhigte mich. "Du willst doch Schafe züchten", stellte er fest. "Dann lernst du das jetzt. Wenn ich für jedes Lamm kommen muss, lohnt sich das ja gar nicht."
Stellt euch jetzt bildlich diese Situtation vor: Schaf liegt am Boden, ich mit den Händen im Schaf, der Göttergatte hält das Telefon an mein Ohr über das der Tierarzt mir Anweisungen gibt...
Es hat geklappt! Nur wenige Minuten später zog ich unter ungeheurer Kraftanstrengung einen Riesenbrocken auf die Welt. Wir nannten sie "April" und sie lebt immer noch bei uns.




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